Chaos um TikTok sorgt für Zündstoff in US-chinesischem Technologie-Streit
Die Fakten: Wenige Tage nach der angekündigten Einigung des chinesischen Bytedance-Konzerns mit zwei US-Partnern ist die Zukunft der beliebten Video-App TikTok in den USA weiter mehr als ungewiss. Die parteistaatliche Zeitung „China Daily“ prangerte am Mittwoch in einem Kommentar die geplante Teilübernahme des US-Geschäfts von Bytedance durch die US-Unternehmen Oracle und Walmart als „schmutzig und unfair“ an. Das Vorgehen der US-Regierung, die auf den Verkauf gedrängt hatte, ähnelten „Gangstermethoden“. Die chinesische Regierung hat auch angekündigt, die Exportkontrollen für Technologieprodukte zu verschärfen und auf „Datenanalyse-Dienste zur Erstellung persönlicher Empfehlungen“ auszuweiten.
Eigentlich hatte US-Präsident Donald Trump das Herunterladen von TikTok in den USA ab dieser Woche verbieten wollen. Das Datum wurde auf den 27. September verschoben, um einen Abschluss des geplanten Deals doch noch zu ermöglichen. Die Beteiligten machen widersprüchliche Angaben zu dessen Details: Oracle und WalMart geben an, das neue Unternehmen TikTok Glo-bal werde mehrheitlich in US-Besitz sein. ByteDance wiederum hat mitgeteilt, es werde 80 Prozent an dem Unternehmen halten.
Der Blick nach vorn: Der Streit entzündet sich vor allem an der Frage der Besitzverhältnisse in TikTok Global und auch daran, wer die Kontrolle über den Algorithmus hat, der den Nutzern Inhalte empfiehlt. Wenn ByteDance einen etwa 80-prozentigen Anteil an der neuen Firma erhielte, würde Beijing vermutlich darauf verzichten, Exportkontrollen auszuweiten. US-Präsident Donald Trump beharrt indes auf einem US-Mehrheitsanteil. China hat offenbar seine Regeln für Exportkontrollen schon überarbeitet und auch Gesetzentwürfe zu Datensicherheit könnten womöglich schnell verabschiedet werden, um auf die US-Maßnahmen gegen chinesische Unternehmen zu reagieren. In den chinesischen sozialen Medien fordern viele Nutzer eine Gegenwehr gegen das aggressive US-Gebahren.
MERICS-Analyse: „Der Umgang mit dem TikTok-Konflikt wird Aufschluss darüber geben, wie die USA die Datensicherheitsprobleme in Bezug auf China in Zukunft angehen werden, sei es unter einer zweiten Regierung Trump und vielleicht sogar mit Joe Biden als Präsident,“ sagt MERICS-Experte John Lee. „Die chinesische Seite hingegen hat wenig zu verlieren, wenn sie verbalen Druck auf die US-Akteure ausübt, zu einem Deal zu kommen, der entweder ByteDance weitreichende Anteile oder die Kontrolle über den Algorithmus sichert.“
Medienberichte und Quellen:
- China Daily nennt TikTok-Deal “schmutzigen” Trick
- Reuters zu widersprüchlichen Angaben der beteiligten Firmen
- Hintergrundbericht des “Guardian”
- Chainnews mit Hintergründen zu dem Handel (Chinesisch)
Diese Beitrag ist Teil des MERICS China Briefings vom 24. September 2020.