MERICS China Lounge mit Kai Strittmatter: China auf dem Weg in die Datendiktatur?
Strittmatter beschreibt in seinem jüngsten Buch „Die Neuerfindung der Diktatur“, wie China systematisch einen digitalen Überwachungsstaat aufbaut und uns damit herausfordert: Bezahlen im Supermarkt, Shoppen im Internet, Parkscheine lösen, Fahrkarten kaufen, all dies lässt sich in China längst digital erledigen. Die Daten der Nutzer sind dabei jedoch auch für den Staat offen zugänglich. Er erreicht den absoluten Zugriff auf Bürger- und Nutzerdaten mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz und Big Data. Auf diese Weise kann die chinesische Führung ihre Landsleute on- und offline überwachen, bewerten und „erziehen“. Wer bei Rot über die Straße geht, seine Steuern nicht rechtzeitig gezahlt hat oder seine Gerichtskosten noch nicht beglichen hat, der verliert möglicherweise das Recht, Flug- oder Bahntickets zu buchen oder sein Kind auf die gewünschte Schule zu schicken. Innerhalb der nächsten Jahre will China das gesellschaftliche Bonitätssystem landesweit einführen. Auch ausländische Unternehmen sind betroffen.
Wie weit ist China bereits, und wie sollen wir mit dieser Unterwanderung des Internets und der Rückkehr in eine digitalisierte Form des Totalitarismus umgehen? Diese und andere Fragen diskutierten wir mit Kai Strittmatter. Der Sinologe war von 1997-2005 und von 2012-2018 China-Korrespondent der Süddeutschen Zeitung und berichtet seit 2019 für die Zeitung aus Kopenhagen über Skandinavien und das Baltikum.
Kerstin Lohse-Friedrich, Leiterin Kommunikation, und Dr. Mareike Ohlberg, wissenschaftliche Mitarbeiterin am MERICS, moderierten das Gespräch.